Der Messias Israels: Eine Einladung zur Prüfung des christlichen Glaubens und der Wahrhaftigkeit der Bibel

Einleitung: Gemeinsame Wurzeln, aber unterschiedliche Wege

Juden und Christen teilen eine bedeutende geistliche Geschichte. Beide bekennen sich zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, beide erkennen die hebräische Bibel (Tanach תנ״ך) als heilige Schrift an, und beide glauben an Gottes Offenbarung und Wirken in der Geschichte Israels. Doch während das Judentum auf die Ankunft des Messias noch wartet, bekennt das Christentum: Der Messias ist gekommen – in der Person Jeschuas von Nazareth (Jesus Christus).

Dieser Artikel lädt Sie ein, die zentralen Fragen der Wahrhaftigkeit der Bibel und der Verteidigung des christlichen Glaubens im Lichte des jüdischen Denkens zu betrachten. Es ist keine Aufforderung zur Aufgabe jüdischer Identität, sondern eine Einladung, das zu prüfen, was viele jüdische Männer und Frauen über Jahrhunderte bezeugt haben: dass Jesus Christus (Jehoschua HaMaschiach auf Hebräisch: ישוע המשיח) der verheißene Messias ist.

1.1 Der Tanach als Grundlage des Evangeliums

Das Neue Testament steht nicht im Gegensatz zum Tanach – es ist seine Fortsetzung und Erfüllung. Der christliche Glaube basiert fest auf den hebräischen Schriften:

    • Die Verheißung eines kommenden Erlösers zieht sich durch die ganze Schrift: von Genesis 3,15 über Jesaja 53 bis hin zu Daniel 9.

    • Die neutestamentlichen Autoren zitieren den Tanach über 800-mal, häufig in Bezug auf den Messias.

Der christliche Glaube beansprucht daher keine „neue Religion“, sondern die Erfüllung dessen, was schon die Propheten angekündigt haben: „Was im Gesetz Mose, in den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht, muss erfüllt werden.“ (Lukas 24,44)

1.2 Das Neue Testament: Eine jüdische Schrift

Viele Juden sehen das Neue Testament als ein griechisches, fremdes Dokument. Doch ein näherer Blick zeigt:

    • Alle Autoren (bis auf Lukas) waren Juden.

    • Es spielt fast ausschließlich in Israel.

    • Es behandelt jüdische Themen: Tora-Auslegung, Tempel, Messiasverheißung, Bundesverständnis.

    • Die Sprache ist durchdrungen von hebräischem Denken – oft wortwörtliche Übersetzungen aus dem Hebräischen oder Aramäischen.

Der christliche Glaube entstand innerhalb des jüdischen Rahmens – nicht außerhalb davon.

1.3 Vergleich: Tanach (תנ״ך) und Neues Testament (הברית החדשה)

Aspekt Tanach (תנ״ך) Neues Testament (הברית החדשה)
Name / Bedeutung תנ״ך = Akronym für Tora, Nevi’im, Ketuvim (Gesetz, Propheten, Schriften) הברית החדשה = „Der Neue Bund“, nach Jeremia 31,31 – Gottes neue Beziehung zum Menschen
Umfang 24 Bücher (im jüdischen Kanon) 27 Bücher
Sprache(n) Hauptsächlich Hebräisch, teils Aramäisch Ursprünglich Griechisch (Koine), später in viele Sprachen übersetzt, inkl. Hebräisch
Zeitraum der Entstehung ca. 1600 v. Chr. – 400 v. Chr. (je nach Buch) ca. 40 n. Chr. – 100 n. Chr.
Aufbau Tora (5 Bücher Mose) – Nevi’im (Propheten) – Ketuvim (Schriften) Evangelien (Matthäus–Johannes) – ApostelgeschichteBriefeOffenbarung
Zentrale Figur Gott (JHWH), Abraham, Mose, die Propheten Jesus Christus (ישוע המשיח), Apostel, frühe Jünger
Heilsverständnis Der Bund mit Israel durch Gesetz, Opfer und Treue Gnade durch den Glauben an Jesus als Messias, Erfüllung des Gesetzes und der Propheten
Zielgruppe Israel, das auserwählte Volk Gottes Zuerst Israel, dann auch die Heidenvölker (alle Nationen)
Genesis 12,2
Messiasverständnis Erwartung eines zukünftigen Erlösers, meist nationaler König Jesus ist der bereits gekommene Messias, in Demut und zur Erlösung der Sünden
Bundesbegriff Alter Bund (ברית ישנה), z. B. mit Mose am Sinai Neuer Bund (הברית החדשה), durch Jesu Tod und Auferstehung
Ziel / Botschaft Gottes Heiligkeit, Bundestreue, Hoffnung auf zukünftige Erlösung

Erlösung durch Jesus, Erfüllung der Verheißungen des Tanach, neues Leben in Christus

Verbindende Punkte

  • Gemeinsame Schriften: Das Neue Testament bezieht sich ständig auf den Tanach – über 300 direkte Zitate und viele indirekte Bezüge.
  • Gott bleibt derselbe: Christen glauben, dass derselbe Gott, der im Tanach spricht, sich im Neuen Testament durch Jesus offenbart.
  • Der Neue Bund basiert auf dem Alten: Jeremia 31,31 ist für Christen ein Schlüsselvers, in dem der Neue Bund (הברית החדשה) vorhergesagt wird.

Wichtige Unterschiede in der Sichtweise

Jüdische Sicht Christliche Sicht
Der Tanach ist vollständig; es gibt keine Fortsetzung. Der Tanach wird durch das Neue Testament ergänzt und erfüllt.
Der Messias ist noch nicht gekommen. Jesus ist der Messias, wie es die Propheten vorhergesagt haben.
Opfer und Tora bleiben zentral (auch ohne Tempel). Jesus ist das endgültige Opfer; er erfüllt das Gesetz (Matthäus 5,17)

1.4 Beispiel: Jesaja 53

Tanach: Ein „leidender Gottesknecht“, Interpretation im Judentum meist kollektiv (Israel als leidender Gerechter).

Neues Testament: Auf Jesus bezogen – der Messias leidet stellvertretend für die Sünden der Menschen (vgl. Johannes 1,29).

Der Tanach und das Neue Testament sind keine Gegensätze, sondern stehen – aus christlicher Sicht – in einem tiefen Zusammenhang. Das Neue Testament beansprucht, die Erfüllung der im Tanach gegebenen Verheißungen zu sein. Juden sehen in Jesus nicht den Messias, während Christen glauben, dass er die zentrale Figur des göttlichen Heilsplans ist, wie ihn der Tanach beschreibt.

1.5 Tanach (תנ״ך) und das Neue Testament (הברית החדשה) – Eine hebräische und inhaltliche Gegenüberstellung

🕎 1.5.1. Der Tanach – תַּנ״ךְ

Tanach ist die traditionelle Bezeichnung der Hebräischen Bibel und wird auf Hebräisch so geschrieben:

תנ״ך

Der Begriff תנ״ך ist ein Akronym, das sich aus den Anfangsbuchstaben der drei Hauptbestandteile zusammensetzt:

  1. תתּוֹרָה (Tora): Die fünf Bücher Mose – Genesis (בראשית) bis Deuteronomium (דברים).
  2. ננְבִיאִים (Nvi’im): Die Prophetenbücher – z. B. Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Josua, Richter.
  3. ככְּתוּבִים (Ketuvim): Die „Schriften“ – darunter Psalmen, Sprüche, Hiob, Daniel, Rut u. a.

Der kleine Doppelstrich (״), genannt Gershayim, zeigt an, dass es sich um ein Akronym handelt.

Diese drei Teile bilden gemeinsam den Tanach, die maßgebliche heilige Schrift des Judentums. Christen bezeichnen sie als „Altes Testament“, was jedoch theologisch oft missverstanden wird – Christen sehen es nicht als „veraltet“, sondern als Grundlage und prophetische Vorbereitung auf das, was folgt.

✝️ 1.5.2. Das Neue Testament – הַבְּרִית הַחֲדָשָׁה

Das Neue Testament wird auf Hebräisch so geschrieben:

הברית החדשה

(HaBrit HaChadascha) – „Der Neue Bund“

Dieser Begriff setzt sich aus folgenden hebräischen Worten zusammen:

  • ה – der bestimmte Artikel („die“)
  • בְּרִית (Brit) – „Bund“ – ein zentrales Konzept der Beziehung Gottes mit seinem Volk.
  • חֲדָשָׁה (Chadascha) – „neu“ (weiblich, passend zum grammatikalischen Geschlecht von Brit).
📜 Biblische Herkunft

Die Bezeichnung stammt direkt aus dem Tanach, aus Jeremia 31,31:

„הִנֵּה יָמִים בָּאִים נְאֻם-יְהוָה, וְכָרַתִּי אֶת-בֵּית יִשְׂרָאֵל וְאֶת-בֵּית יְהוּדָה בְּרִית חֲדָשָׁה.“
„Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen.“

Christen glauben, dass sich diese Verheißung in der Person Jesu erfüllt hat – durch sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung. Die Sammlung der 27 Schriften des Neuen Testaments – Evangelien, Apostelgeschichte, Briefe und die Offenbarung – dokumentieren diesen „Neuen Bund“, den Gott durch Jesus mit Israel und den Nationen geschlossen hat.

1.6 Leseprobe: Matthäus 1,1 auf Hebräisch

Das Neue Testament liegt auch in modernen hebräischen Übersetzungen vor. Der erste Vers des Matthäusevangeliums lautet auf Hebräisch:

סֵפֶר תּוֹלְדוֹת יֵשׁוּעַ הַמָּשִׁיחַ בֶּן-דָּוִד בֶּן-אַבְרָהָם.
Sefer Toldot Jeschua HaMaschiach, Ben David, Ben Avraham.
„Buch des Ursprungs von Jesus, dem Messias, Sohn Davids, Sohn Abrahams.“

Bereits im ersten Vers wird die tiefe Verbindung zum jüdischen Erbe deutlich: Jesus wird als direkter Nachkomme von David und Abraham vorgestellt – den beiden zentralen Bundespartnern Gottes im Tanach.

1.7 Zusammenfassung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Der Tanach und das Neue Testament sind sprachlich und inhaltlich eng miteinander verbunden. Christen sehen im Neuen Testament keine Ablösung, sondern die Erfüllung des Tanach. Der Begriff הברית החדשה (Neuer Bund) ist kein Widerspruch zur jüdischen Tradition, sondern gründet sich auf die Worte der hebräischen Propheten selbst.

Wer beide Teile nebeneinander liest – besonders in der Originalsprache – entdeckt die Tiefe und den inneren Zusammenhang zwischen Gottes früheren Verheißungen und ihrer (aus christlicher Sicht) späteren Erfüllung in Jesus, dem Messias.

1.1 Die messianischen Prophezeiungen

Viele Juden erwarten den Messias als politischen Befreier. Die Schrift jedoch zeichnet ein vielschichtigeres Bild – das erst durch die Person Jeschuas verständlich wird:

Geburtsort: Bethlehem

Micha 5,1: „Und du, Bethlehem Efrata … aus dir soll mir der hervorgehen, der Herrscher über Israel sein wird.“

Erfüllung: Matthäus 2,1 – Jeschua wurde in Bethlehem geboren.

Geburt von einer Jungfrau

Jesaja 7,14: „Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden …“

Erfüllung: Matthäus 1,23 – Maria war jungfräulich, als sie Jeschua gebar.

Der leidende Messias

Jesaja 53: Ein Knecht, der „unsere Schmerzen trug“, „für unsere Sünden zerschlagen“ wurde.

Viele jüdische Kommentatoren früherer Zeiten (z.B. Raschi oder Rambam) deuteten diese Stelle auf den Messias. Erst später wurde die Auslegung „Israel ist der leidende Knecht“ populär.

Tod vor der Zerstörung des zweiten Tempels

Daniel 9,26: „Der Gesalbte wird ausgerottet werden … und die Stadt und das Heiligtum wird zerstört.“

Der Tempel wurde 70 n. Chr. zerstört – der Messias musste also zuvor kommen.

1.2 Der gekreuzigte Messias: Ein Stolperstein oder Gottes Plan?

Für viele Juden ist ein gekreuzigter Messias undenkbar. Doch genau darin liegt das Geheimnis der Schrift:

„Verflucht ist, wer am Holz hängt.“ (5. Mose 21,23)
„Christus hat uns losgekauft vom Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch wurde um unsertwillen.“ (Galater 3,13)

Laßt euch versöhnen mit Gott! Denn er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes[1] würden.“ (2. Korinther 5,20b-21)

Die Kreuzigung Jeschuas ist kein Scheitern, sondern die Erfüllung: Der gerechte Knecht nimmt die Strafe für das Volk auf sich.

1.1 Textüberlieferung: Verlässlich und bewahrt

Die Schriftrollen vom Toten Meer (Qumran) zeigen, dass die hebräische Bibel seit Jahrhunderten fast unverändert überliefert wurde. Besonders das Buch Jesaja liegt dort vollständig vor – mit kaum nennenswerten Abweichungen zu heutigen Texten.

Auch das Neue Testament ist extrem gut bezeugt:

    • Über 5.000 griechische Manuskripte

    • Fragmente aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.

    • Kein anderes antikes Werk ist so gut überliefert

1.2 Archäologie bestätigt viele biblische Berichte

    • Kein archäologischer Fund hat je das Neue Testament eindeutig widerlegt – viele haben es bestätigt.

Die Bewegung Messianischer Juden wächst weltweit. Viele berichten, dass sie:

    • durch Tanach-Studium (Bibel) auf Jeschua gestoßen sind,

    • persönliche Begegnungen mit dem lebendigen Gott erlebt haben,

    • das jüdische Wesen des Neuen Testaments neu entdeckt haben.

Ein prominenter jüdischer Gläubiger, Dr. Michael Brown, sagt:

„Ich habe den Messias nicht verlassen – ich habe ihn gefunden.“

Gott fordert nicht blinden Glauben, sondern ernsthafte Prüfung:

„Prüft alles, das Gute behaltet.“ (1. Thessalonicher 5,21)
„Ruft mich an, so will ich euch antworten und euch große und unfassbare Dinge zeigen.“ (Jeremia 33,3)

Wenn Jeschua wirklich der Messias ist – dann ist er der Erfüller des jüdischen Glaubens, nicht dessen Gegner.

Dieser Artikel fordert nicht zur Aufgabe jüdischer Identität auf. Vielmehr lädt er ein, den jüdischsten aller Menschen – Jeschua – neu zu begegnen. Die Frage nach dem Messias ist keine christliche Frage – sie ist zutiefst jüdisch. Und sie verdient eine ehrliche, gründliche Prüfung anhand der Schrift.

„Ihr werdet mich suchen und finden, wenn ihr von ganzem Herzen nach mir fragt.“ (Jeremia 29,13)